Zusammenfassung: Es wurden die im Förderkatalog des Bundes seit 2015 verzeichnete Projekte mit Hochschulbeteiligung ausgewertet. Zusätzlich fand eine Analyse des Netzwerks der Geförderten statt. Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf Hinweisen zu transdisziplinären Forschungsprojekten an Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW). HAW waren an etwa einem Viertel der ausgewerteten Vorhaben beteiligt, Universitäten an rund 80 Prozent der Projekte. Darüber hinaus wurden am häufigsten Akteure aus der Wirtschaft sowie außeruniversitäre Forschungseinrichtungen gefördert. Beim weitaus größten Teil der vom Bund geförderten Verbundprojekte findet sich eine transsektorale Akteurskonstellation, in der Hochschulen mit außerwissenschaftlichen Partnern (z.B. aus Wirtschaft oder Zivilgesellschaft) zusammenarbeiten. Unter den Projekten mit HAW-Beteiligung ist der Anteil dieser Projekte noch leicht höher als bei Projekten mit Uni-Beteiligung. HAW erhalten bei Projektbeteiligung durchschnittlich weniger Fördergelder als Universitäten oder Universitätsklinika.
Das Netzwerk der Geförderten besteht aus 16 größeren Communities (Clustern), die acht Akteure mit der höchsten Zahl von Projektpartnern sind allesamt Technische Universitäten mit jeweils über 1.000 Projektpartnern, während die HAW maximal 290 verschiedene Projektpartner in dem untersuchten Zeitraum hatten.
Im Rahmen des BMFTR-geförderten Projektes Transdisziplinäre Forschung an Hochschulen für angewandte Wissenschaften – Status quo und Potenziale eines schlafenden Riesen (TDR4HAW) untersucht das CHE gemeinsam mit der Fachhochschule Potsdam (FHP) und der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) derzeit transdisziplinäre Forschung („transdisciplinary research“, TDR) an Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW). Transdisziplinäre Forschung ist laut unserer Projektdefinition Forschung, die problem- bzw. lösungsorientiert und interdisziplinär ist, vor allem aber unter Einbeziehung von Akteuren und Wissen von außerhalb des Wissenschaftssystems stattfindet. Sie basiert auf der Integration wissenschaftlichen Wissens und praktischen Erfahrungswissens und ist insofern reflexiv, als sie Raum für Lernprozesse der Beteiligten eröffnet. Ausgangshypothese des Projektes TDR4HAW ist, dass dieser Forschungsansatz stark an HAW verankert ist bzw. das Potenzial dazu hat.
Im April 2025 wurde dazu der DatenCHECK Drittmittel an Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) veröffentlicht. Kernergebnisse diese Analyse war, dass nur 10 Prozent des gesamten hochschulischen Drittmittelaufkommens in Deutschland an HAW fließen. Für die HAW stellt der Bund die größte Drittmittelquelle (47% aller Mittel) darstellt, obwohl nur 15 Prozent der vom Bundes-Drittmittel auf HAW entfallen.
Basierend auf dieser Erkenntnis wurde im Rahmen des TDR4HAW-Projektes nun eine Analyse des Förderkatalog des Bundes durchgeführt. Im Förderkatalog werden die Projektförderungen von sechs Bundesministerien ausgewiesen, darunter auch das Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) und das Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWE). Beschränkt wurde die Abfrage mit Stand vom 03.06.2025 auf alle zu diesem Stichtag laufenden oder abgeschlossenen Projekte mit Laufzeitbeginn ab bzw. nach dem 01.01.2015. Es wurden nur Projekte einbezogen, an denen mindestens eine Hochschule beteiligt war. Die Projektliste wurden darüber hinaus mit den Bereinigungsschritten des Kerndatensatz Forschung bereinigt. Insgesamt wurden 76.027 Einträge (Förderfälle von Hochschulen bzw. ihren Partnern) im Förderkatalog berücksichtigt, die sich auf 26.674 verschiedene Vorhaben beziehen.
Die Vorgehensweise und die Ergebnisse werden im Papier Wer forscht mit wem? Analyse der vom Bund geförderten Projektkooperationen von Hochschulen ausführlich vorgestellt. Der hier vorliegende DatenCHECK stellt einen Auszug aus dem Papier mit speziellem Blick auf die HAW dar.
Vorhaben und Akteure
Zunächst wurden die Vorhaben und die darin beteiligten Akteure (Institutionen) analysiert. Hier wurde unter anderem nach Einzel- und Verbundvorhaben, verschiedenen Akteurskonstellationen differenziert, im ausführlichen Paper auch nach Bundesländern.
Beteiligung der HAW an vom Bund geförderten Projekten
Die Tabelle zeigt die Beteiligung von Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW), Universitäten und Universitätskliniken an Einzelvorhaben (d.h. nur ein Fördermittelempfänger) und Verbundvorhaben (d.h. mehrere Geförderte). Bei den HAW sind die Kunst-/Musikhochschulen sowie die Verwaltungsfachhochschulen subsummiert.
HAW waren an jeweils rund einem Viertel der Einzel- und Verbundvorhaben (mit Hochschulbeteiligung) beteiligt. Die Gruppe der Universitäten war an insgesamt mehr Einzel- und Verbundvorhaben beteiligt: An drei Viertel der Einzelvorhaben mit Hochschulbeteiligung sowie an über 80 Prozent der Verbundvorhaben mit Hochschulbeteiligung.
Verbundpartner der Hochschulen
An den vom Bund geförderten Verbundprojekten sind neben Hochschulen oft noch andere Partner beteiligt, die hier in verschiedene Akteursgruppen zusammengefasst wurden. Die Tabelle zeigt die Anzahl der Beteiligungen sowie den Anteil der Beteiligungen an allen 15.467 Verbundvorhaben mit Hochschulbeteiligung.
Die am häufigsten vertretenen (weiteren) Akteursgruppen sind Akteure aus der Wirtschaft außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und Intermediäre, also Akteure wie Verbände, Kammern/Innungen/Genossenschaften oder Transferstellen/Transferagenturen, die eine Vermittlerrolle zwischen Hochschulen und Wirtschaft einnehmen.
Nicht überraschend sind daher die häufigsten Akteurskonstellationen in Verbundprojekten mit Hochschulbeteiligung die Kombinationen Universität/Wirtschaft, Universität/Wirtschaft/außeruniversitären Forschungseinrichtungen (auF) sowie die Kombination Universität/auF, gefolgt von Konstellationen aus verschiedenen Universitäten.
Alle Kombinationen mit Beteiligung von HAW folgen erst mit einigem Abstand, hier ist die Kombination HAW/Wirtschaft am häufigsten.
Akteurskonstellationen
Im Hinblick auf die Identifizierung (potenziell) transdisziplinärer Forschung wurden die oben exemplarisch gezeigten Akteurskonstellationen in drei Gruppen klassifiziert:
- Monosektorale Verbundvorhaben, an denen nur ein Hochschultyp (HAW oder Universität) beteiligt sind,
- Intersystemische Projekte, in denen ausschließlich Akteure aus dem Wissenschaftssystem (HAW, Universitäten, auF) beteiligt sind sowie
- Transsektorale Vorhaben, in denen HAW und Universitäten mit mindestens einem Partner von außerhalb des Wissenschaftssystems kooperieren. Unter diesen vermuten wir einen gewissen Anteil von Projekten mit transdisziplinärem Forschungsmodus.
Darüber hinaus gab es Sonderfälle wie z.B. Verbundvorhaben mit nur einer geförderten (deutschen) Einrichtung in einem Verbund mit ausländischen (vom Bund nicht förderfähigen) Partnern sowie Projekte mit unbekannter Zuordnung, bei denen Partner aus Datenschutzgründen im Förderkatalog nicht genannt wurden. Die Donut-Diagramme bzw. die Tabelle zeigen die Verteilung der Verbundprojekte auf diese Konstellationen, sowohl insgesamt als auch nach Hochschultyp. Da es auch Projekte gibt, an denen sowohl HAW als auch Universitäten beteiligt sind, ist die Gesamtzahl der Vorhaben niedriger als die Summe aus Vorhaben mit HAW- und Uni-Beteiligung.
Der weitaus größte Anteil der Verbundprojekte (68 Prozent) weist die Akteurskonstellation Transsektoral auf – also eine Kooperation von hochschulischen und außerwissenschaftlichen Akteuren. Bei Projekten mit HAW-Beteiligung liegt der Anteil mit 74 Prozent sogar noch etwas höher als bei den Projekten mit Universität-Beteiligung (67 Prozent). Sowohl bei den Vorhaben mit HAW-Beteiligung als auch Uni-Beteiligung entfallen 20 Prozent auf Intersystemische Projekte, also hochschultyp-übergreifende Projekte und/oder mit Beteiligung von außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Auf die Kategorie monosektorale Projekte (Kooperation innerhalb des eigenen Hochschultyps) entfallen 13 Prozent der Projekte mit Uni-Beteiligung und nur 6 Prozent der Projekte mit HAW-Beteiligung. In absoluten Zahlen gibt es je Akteurskonstellation aber jeweils deutlich mehr Projekte mit Universitäts-Beteiligung als mit HAW-Beteiligung.
Höhe der Fördergelder
Die beiden Tabellen zeigen die durchschnittliche Fördersumme, die je Akteursgruppe bei den geförderten Projekten (mit Hochschulbeteiligung) eingeworben wurden. Das heißt, wenn mehrere Akteure einer Gruppe (z.B. zwei HAW) eingebunden waren, dann teilen sich diese Akteure die Gesamtsumme. Auch hier wurden wieder nur Projekt berücksichtigt, an denen mindestens eine Hochschule (oder Uniklinik) beteiligt war.
Bei den Einzelvorhaben werben Uniklinken (bei Beteiligung) mit 679 Tsd. Euro die meisten Fördergelder ein, gefolgt von den Universitäten und dann den HAW. Bei Verbundprojekten sind es die außeruniversitären Forschungseinrichtungen, auf die (in Verbundprojekten mit Hochschulen) durchschnittlich die höchsten Gelder entfallen (728 Tsd.), gefolgt wiederum von Unikliniken, Universitäten und HAW. Auf Unikliniken und Universitäten entfallen bei Verbundprojekten durchschnittlich etwas weniger Gelder als bei Einzelvorhaben, auf die Gruppe der HAW dagegen etwas mehr Gelder als bei Einzelvorhaben (die aber unter Umständen unter mehreren HAW aufgeteilt werden müssen).
Netzwerkanalyse
In einem zweiten Schritt wurde das Netzwerk der in die Analyse einbezogenen Fördergeldempfänger analysiert. Dabei wird betrachtet, welche Akteure (Institutionen) wie oft in gemeinsamen, vom Bund geförderten Projekten (mit Hochschulbeteiligung) zusammenarbeiten.
Communities
Insgesamt wurden 21 Communities identifiziert. 16 davon umfassen eine nennenswerte Anzahl an Akteuren. Die sieben übrigen Communities mit lediglich 2-6 Akteuren werden nicht weiter berücksichtigt. Neben einer „zentralen“ Community in der deutschlandweit viele Akteursgruppen vertreten sind, sind die Schwerpunkte der übrigen Communities auch räumlich zuzuordnen.
Akteure mit den meisten Partnern (Hubs/Naben)
Die untenstehenden Tabellen zeigen die Akteure im Netzwerk, die die meisten Verbindungen (d.h. gemeinsam durchgeführte Projekte) mit anderen Akteuren haben. Diese Akteure werden auch als „Hubs“ bzw. „Naben“ des Netzwerks bezeichnet. Es wird auch ausgewiesen, welcher der oben aufgeführten Communities der jeweilige Akteur zuzuordnen ist.
Unter den zehn zentralen Hubs finden sich zunächst acht Technische Universitäten, mit großem Abstand angeführt von der RWTH Aachen mit über 2.400 verschiedenen Projektpartnern. Auf Platz neun liegt das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) als außeruniversitäre Forschungseinrichtung vor der FAU Erlangen-Nürnberg.
Die HAW mit den meisten Verbindungen im Netzwerk der vom Bund geförderten Einrichtungen ist die HAW Hamburg – mit gerade einmal einem Achtel der Projektpartner der RWTH Aachen. Die weiteren neun am stärksten vernetzten HAW liegen dicht dahinter.
Fazit
Der Förderkatalog des Bundes bildet eine gute Datenbasis für die Analyse der Projektförderung, insbesondere für HAW, da die Bundesmittel etwa die Hälfte aller Drittmittel von HAW ausmachen. Bezogen auf die Fragestellung des Projektes TDR4HAW, ob HAW eine besondere Affinität zu transdisziplinärer Forschung haben lassen sich die Befunde wie folgt (vorsichtig) interpretieren:
- Die Hälfte der HAW-Drittmittel stammt vom Bund, der eher anwendungsbezogene Vorhaben fördert. Die Gesamtausrichtung der HAW (Hochschulen für angewandte Wissenschaften) ist anwendungsbezogen – was eine notwendige, allerdings nicht hinreichende Voraussetzung für transdisziplinäre Forschung ist.
- Unter den Verbundprojekten mit HAW-Beteiligung findet sich ein höherer Anteil an Transsektoralen (und damit potenziell auch transdisziplinären) Vorhaben als an Verbundprojekten mit Uni-Beteiligung, was auf eine Affinität der HAW für solche Vorhaben hindeutet.
- In absoluten Zahlen dominieren die Universitäten aber das Fördergeschehen des Bundes: 85 Prozent der Bundes-Drittmittel für Hochschulen fließt an Universitäten, Universitäten sind an deutlich mehr Fördervorhaben beteiligt als die HAW, auch an transsektoralen, was sich dann auch in der Anzahl der verschiedenen Projektpartner (siehe Netzwerkanalyse) niederschlägt.
- Die HAW, die ja strukturell und von ihrem Auftrag her für Forschung ganz anders aufgestellt sind als Universitäten, sind aber gleichzeitig nicht chancenlos bei der Bundesförderung: Bei jedem vierten Projekt mit Hochschulbeteiligung ist zumindest eine HAW dabei. Die Fördersumme, die dabei auf die HAWs entfällt ist allerdings geringer als die für die Universitäten.
Die Drittmittelanalyse hatte auch gezeigt, dass ein Teil der HAW (insbesondere der öffentlichen) mit ihrer Quote Drittmittel je 100 Studierende durchaus auch in „universitäre“ Regionen vorstoßen können. Damit sich die Verteilung der (Bundes-)Fördergelder zwischen HAW und Universitäten deutlich ändert, müsste aber noch ein größerer Teil der HAW erfolgreicher bei der Projekt-/Drittmitteleinwerbung werden.
Das Projekt TDR4HAW wird vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt in der Förderlinie „Wissenschafts- und Hochschulforschung“ im Rahmen des Förderaufrufs „Thematische, personelle und internationale Erweiterung der Wissenschafts- und Hochschulforschung (Modul A)“ unter dem Kennzeichen 16RBM1010A gefördert.

Projektbeteiligte: FHP: Prof. Dr. Antje Michel (Verbundleitung), Dr. Gabriela Michelini, Lina Korneffel; HNEE: Prof. Dr. Benjamin Nölting (Teilprojektleitung); Laura Awad; CHE: Saskia Ulrich (Teilprojektleitung), Dr. Isabel Roessler, Cort-Denis Hachmeister
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