Zusammenfassung: Die Anzahl und der Anteil der Professorinnen und Professoren in Deutschland, die in den nächsten 10 Jahren 65 Jahre alt werden, hat in den letzten Jahren zugenommen. Ab dem Jahr 2029 werden jährlich mindestens 2.000 Professor*innen 65 Jahre alt. Die Entwicklung unterscheidet sich deutlich zwischen Fächergruppen, Lehr- und Forschungsbereichen, Hochschulart & Trägerschaft, Bundesländern und nicht zuletzt von Hochschule zu Hochschule. Hochschulen und Politik sollten sich auf diesen demographischen Wandel vorbereiten und ihn strategisch nutzen.
In den kommenden Jahren kommt auf viele Branchen und Unternehmen in Deutschland eine enorme Herausforderung aufgrund der demographischen Entwicklung zu. Während die besonders geburtenstarken Jahrgänge der 1960er-Jahre nach und nach in Rente bzw. in den Ruhestand gehen, treten eher geburtenschwache Jahrgänge der 2000er- bis 2010er-Jahre in den Arbeitsmarkt ein (vergleiche Demografie-Portal).
Auch für die deutschen Hochschulen sind in den kommenden Jahren demographiebedingt größere Veränderungen hinsichtlich des Hochschulpersonals zu erwarten. In diesem DatenCHECK schauen wir uns deshalb exemplarisch die demographische Entwicklung bei den auf Dauer beschäftigten hauptberuflichen Professorinnen und Professoren an deutschen Hochschulen an. Als Datenbasis dafür dienen Daten des Statistischen Bundesamtes zur Anzahl der dauerhaft beschäftigten, hauptberuflichen Professorinnen und Professoren, die in den nächsten 10 Jahren voraussichtlich das Alter von 65 Jahren erreichen. Diese Daten werden jährlich in der Serie Personal an Hochschulen veröffentlicht (Statistischer Bericht, Tabelle 21341-17). Für die aktuellste Veröffentlichung (Statistik des Hochschulpersonals 2023) wurden dem CHE Centrum für Hochschulentwicklung in einer Sonderauswertung auch detaillierte Angaben für einzelne Hochschulen und Fächergruppen sowie für einzelne Lehr- und Forschungsbereiche zur Verfügung gestellt.
Auch wenn Professorinnen und Professoren in den meisten Bundesländern erst mit Ende des Semesters in den gesetzlichen Ruhestand eintreten, in dem sie das 67. Lebensjahr vollenden (siehe Hochschullehrerbund), ermöglichen die Tabellen des Statistischen Bundesamtes einen guten Überblick über die demographische Entwicklung im Zeitverlauf. Dadurch lässt sich insbesondere einschätzen, ob in den kommenden Jahren im Vergleich zu früheren Zeitpunkten ein größerer personeller Umbruch in der Professorenschaft zu erwarten ist.
Hochschulen in Deutschland insgesamt – voraussichtliche Entwicklung bis 2033
Für einen ersten Überblick betrachten wir zunächst die aktuellsten Zahlen zu den Professorinnen und Professoren, die in den Jahren 2024 bis 2033 voraussichtlich 65 Jahre alt werden bzw. geworden sind. Insgesamt sind dies in den genannten Jahren 19.057 Personen. Im zugehörigen Berichtsjahr 2023 gab es laut dem Statistischen Bundesamt insgesamt 43.078 dauerhaft beschäftigte hauptberufliche Professor*innen an deutschen Hochschulen, die höchstens 64 Jahre alt sind. 44,2 Prozent dieser Professor*innen werden demnach in den darauffolgenden 10 Jahren 65 Jahre alt.
Zur Einordnung: Bei einem durchschnittlichen Erstberufungsalter (vgl. BuWiK 2025, S. 106) von 42,2 Jahren (W2-Professur) bzw. 43,6 Jahren (W3-Professur) sind Professor*innen bis zum Alter von 67 Jahren im Schnitt etwa 25 Jahre lang im System. Somit wären im Normalfall (bei einer ausgewogenen Altersverteilung) pro Jahr etwa 4 Prozent und über 10 Jahre ca. 40 Prozent Pensionierungen zu erwarten. Die Zahlen für die nächsten 10 Jahre sind daher insgesamt erhöht. Weiter unten zeigen wir, dass diese Richtmarke von 40 Prozent an einzelnen Hochschulen und in einzelnen Fachgebieten sogar deutlich überschritten wird.
Die detaillierte zeitliche Betrachtung in der Grafik zeigt zunächst einen deutlichen Anstieg von 2024 bis 2029 von unter 1.500 auf über 2.000 Personen. Von 2029 bis 2033 werden dann voraussichtlich 2.000 oder mehr Professorinnen und Professoren im jeweiligen Jahr 65 Jahre alt. Es deutet sich somit an, dass vor allem ab Ende dieses Jahrzehnts ein größerer Umbruch auf das deutsche Hochschulsystem wartet.
Hochschulen in Deutschland insgesamt – Zeitverlauf seit 2003
Im Zeitverlauf seit 2003 zeigt sich die Dimension dieses anstehenden Umbruchs noch einmal deutlicher. Die Anzahl der Professor*innen, die in den nächsten 10 Jahren 65 Jahre alt werden war in den vergangenen 20 Jahren nie höher als im letzten Berichtsjahr 2023. Im Jahr 2009 lag sie nur bei 11.653. Deutlich wird allerdings auch, dass kurzfristig noch kein ganz großer Umbruch auf die deutschen Hochschulen zukommt. Im Jahr 2003 wurde eine noch größere Anzahl an Professor*innen als im Jahr 2023 verzeichnet, die in den nächsten drei Jahren 65 Jahre alt werden. Auch der Anteil der Professor*innen, die in den nächsten drei Jahren 65 Jahre alt werden, war damals mit 14,8 Prozent höher als im Jahr 2023 (11,3%). Der Anteil der Professor*innen, die in den nächsten 10 Jahren 65 Jahre alt werden, war allerdings im Verlauf der letzten 20 Jahre nie höher als 2023 (trotz einer insgesamt gestiegenen Zahl an Professor*innen).
Voraussichtliche Entwicklung bis 2033 – nach Fächergruppen, Lehr- und Forschungsbereichen, Hochschulart & Trägerschaft sowie Bundesländern
Insgesamt ist also insbesondere der Blick auf die Entwicklung bis 2033 von hoher Bedeutung, da ab dem Ende dieses Jahrzehnts die größten Umbrüche zu erwarten sind. Die detaillierteren Daten des Statistischen Bundesamtes für einzelne Fächergruppen, Lehr- und Forschungsbereiche, Hochschularten und Trägerschaften sowie für einzelne Bundesländer zeigen jedoch, dass sich die voraussichtliche Entwicklung bis 2033 individuell deutlich unterscheidet.
In den Geisteswissenschaften sowie in der Fächergruppe Kunst, Kunstwissenschaft werden bis 2033 mehr als 50 Prozent der hauptberuflichen Professor*innen 65 Jahre alt. In der Fächergruppe Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften ist zwar die absolute Zahl der Professor*innen, die 65 Jahre alt werden, am größten. Deren Anteil an allen Professor*innen in der Fächergruppe (die 2023 höchstens 64 Jahre alt waren) fällt mit 39,1% jedoch deutlich geringer aus.
Der Blick auf die detaillierteren Lehr- und Forschungsbereiche zeigt, dass in den Bereichen Evangelische Theologie und Geschichte der höchste Anteil an Professor*innen vorliegt, die bis 2033 65 Jahre alt werden. Im Gegensatz dazu liegen in den Bereichen Psychologie und Mathematik die geringsten Anteile vor.
Auch bei den Hochschularten und Trägerschaften zeigen sich deutliche Unterschiede. An den Pädagogischen Hochschulen, Theologischen Hochschulen und an den Kunst- und Musikhochschulen werden bis 2033 mehr als 50 Prozent der Professor*innen 65 Jahre alt. Die staatlichen und kirchlichen Universitäten bzw. Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW/FH) liegen mit 45,5 Prozent bzw. 44,5 Prozent knapp darunter. An den privaten Universitäten und HAW/FH werden nur 38,7 Prozent bzw. 34,0 Prozent bis 2033 65 Jahre alt. Am geringsten ist der Anteil mit 27,3 Prozent bei den Verwaltungsfachhochschulen.
Im Bundesländervergleich liegt im Saarland mit 50,4 Prozent der höchste Anteil an Professor*innen vor, die bis 2033 65 Jahre alt werden. In Schleswig-Holstein ist dieser Anteil mit 40 Prozent am geringsten.
Voraussichtliche Entwicklung bis 2033 – für einzelne Hochschulen
Abschließend werfen wir noch einen Blick auf die Ergebnisse für einzelne Hochschulen. Dabei beschränken wir uns auf Hochschulen, die im Berichtsjahr 2023 mindestens 50 hauptberufliche Professor*innen beschäftigt haben, die höchstens 64 Jahre alt waren. Wie sich bereits in den vorherigen Analysen angedeutet hat, unterscheiden sich die Ergebnisse individuell sehr deutlich. An neun Hochschulen liegt der Anteil der Professor*innen, die bis zum Jahr 2033 65 Jahre alt werden, bei über 60 Prozent, an der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft sogar bei über 70 Prozent. An der IU Internationalen Hochschule sowie an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung hingegen liegt der Anteil bei unter 20 Prozent. Im Vergleich der staatlichen Universitäten liegt an der Universität Kassel mit 58,1 Prozent der höchste Anteil vor, an der Universität Passau mit 26 Prozent der geringste. Angemerkt sei an dieser Stelle aber, dass auch an den einzelnen Hochschulen große Unterschiede zwischen den einzelnen Lehr- und Forschungsbereichen vorliegen können.
Fazit
Die Ergebnisse des DatenCHECKs zeigen, dass an vielen deutschen Hochschulen aufgrund der demographischen Entwicklung in den kommenden 10 Jahren ein personeller Umbruch bei den Professor*innen ansteht. Die Boomer-Generation erreicht das Rentenalter. Dabei gibt es jedoch große Unterschiede zwischen einzelnen Hochschulen, Fächergruppen und Lehr- und Forschungsbereichen. Insbesondere ab Ende dieses Jahrzehnts wird voraussichtlich eine recht hohe Zahl an Professor*innen in den Ruhestand eintreten.
Dieser Wandel bringt erhebliche Herausforderungen mit sich. Wenn viele Professuren frei werden, dann droht je nach Fach oder Region ein Fachkräftemangel. Die Besetzung gerade von HAW-Professuren ist bereits heute oft schwierig. An Universitäten gibt es nach wie vor keine klaren gesetzlichen Rahmenbedingungen für Postdoc-Karrieren. Ein starker Wettbewerb um die besten Köpfe ist wahrscheinlich. Hinzu kommt, dass die Parallelität von stagnierenden oder sinkenden Studierendenzahlen mit freiwerdenden Professuren staatlichen Kürzungsprogrammen weiter Vorschub leisten könnte. Gleichzeitig erzeugt die Wiederbesetzung von Professuren Zusatzkosten, beispielsweise durch die Modernisierung von Laboren oder anderen Kosten durch Berufungszusagen. In Zeiten knapper Kassen wird es schwierig, Bewerber*innen attraktive Angebote zu machen.
Diesen Risiken stehen allerdings enorme Chancen gegenüber: Ein Generationenwechsel ist die Gelegenheit für Innovation. Die wissenschaftliche Karriere kann attraktiver werden, wenn es für Nachwuchswissenschaftler*innen größere Chancen auf eine Professur gibt. Hochschulen, die sich in einem strategischen Profilierungsprozess befinden, können die Berufungen auf ihr Profil abstimmen. Die Fächer können Curricula und Forschungsschwerpunkte mit neuem Personal modernisieren. Eine Internationalisierungsstrategie kann beispielsweise durch die Internationalität und internationale Orientierung der Lehrenden und Forschenden unterstützt werden. Wenn sich die Hochschule ein bestimmtes Lern- und Digitalisierungskonzept auf die Fahnen geschrieben hat, kann sie die Menschen suchen, die daran mitwirken wollen. Gleiches gilt beispielsweise, wenn die Hochschule Future Skills stärker in allen Studiengängen verankern möchte. Mit Neuberufungen kann eine Hochschule die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft stellen und Change Agents gewinnen.
Damit diese Transformation gelingt, bedarf es einer engen Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Politik, um die notwendigen finanziellen und strukturellen Rahmenbedingungen zu schaffen. Der personelle Umbruch bietet die Gelegenheit, die Hochschullandschaft nicht nur an aktuelle Anforderungen anzupassen, sondern langfristig zukunftsfähig zu gestalten.
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